Wie bereits im letzten Beitrag erklärt, werden Shiga- Toxine von bestimmten Stämmen des Bakteriums Escherichia coli (E. coli) produziert. Diese werden auch STEC, also Shiga-Toxin-bildenden E. coli genannt. Diese Toxine zählen zu den stärksten bekannten bakteriellen Zellgiften. Das normalerweise friedlich im Darm lebende E.coli Bakterium wird für den Meschen problematisch, wenn es durch horizontalen Gentransfer Gene aufnimmt, die die Bildung von Shiga-Toxinen fördern. Bakterienstämme welche Gene zur Produktion von Shiga-Toxinen aufgenommen haben, verursachen unter anderem die EHEC-Infektionen mit blutigen Durchfällen und schlimmstenfalls auch dem hämolytisch-urämische Syndrom (HUS), welches für Kinder oft tödlich enden kann oder starke Nierenschäden verursacht.
Biologisch gesehen handelt es sich bei Shiga-Toxinen um sogenannte AB₅-Toxine. Diese bestehen aus einer A-Untereinheit, die für die toxische Wirkung verantwortlich ist, und fünf B-Untereinheiten, die das Toxin an bestimmte Zelloberflächenrezeptoren binden. Der wichtigste Rezeptor ist das Glykolipid Globotriaosylceramid (Gb3), das sich auf Zellen im Darmepithel, in den Nieren und im zentralen Nervensystem befindet. Nach der Bindung an diese Zielzellen wird das Toxin durch Endozytose aufgenommen und über einen speziellen Transportweg durch den Golgi-Apparat ins Endoplasmatische Retikulum der Zelle geschleust. Von dort aus gelangt die A-Untereinheit ins Zytoplasma der Zelle, wo sie eine ganz bestimmte Adeninbase aus der 28S-rRNA des Ribosoms entfernt. Diese punktuelle Veränderung hat gravierende Folgen. Die Ribosomen, die für die Proteinbiosynthese notwendig sind, werden funktionsunfähig, und die betroffene Zelle kann keine Eiweiße mehr herstellen, sodass sie letztlich abstirbt.
Ein großes Problem bei den Shigatoxin- bildenden E.coli Stämmen (STEC), ist die schwierige Einschätzung ihres Risikos für die menschliche Gesundheit. Wie das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in seiner Stellungnahme von 2020 betont, ist es bisher nicht möglich sicher vorherzusagen, welche dieser Bakterienstämme tatsächlich gefährlich sind. Grundsätzlich lassen sich im Labor bestimmte Gene nachweisen, die ein möglicher Hinweis auf eine krankmachende Wirkung sein können. Dazu zählen zum Beispiel die sogenannten stx-Gene, welche Shiga-Toxine produzieren und sich damit an die Darmwand anheften können. Die Gene zeigen jedoch nur, dass ein Bakterium grundsätzlich in der Lage sein könnte, eine Krankheit auszulösen. Allerdings reichen diese Informationen allein nicht aus, um das tatsächliche Krankheitsrisiko sicher zu bewerten. Denn nicht jeder Stamm, der diese Gene besitzt, führt auch automatisch zur Erkrankung. Manche Stämme bleiben harmlos, obwohl sie diese Merkmale tragen. Umgekehrt können andere besonders gefährlich sein, obwohl sie weniger auffällige Gene haben. Das Zusammenspiel verschiedener genetischer Faktoren und Umstände, wie zum Beispiel die Infektionsdosis oder Empfindlichkeit der betroffenen Person, macht die Risikoeinschätzung sehr komplex. Deshalb wird jeder Fund eines STEC-Stammes, der die stx-Gene trägt, also potenziell ein Shiga-Toxin bilden kann, in Lebensmitteln vorsorglich als gesundheitlich bedenklich eingestuft. Das bedeutet, auch wenn nicht mit Sicherheit gesagt werden kann, ob dieser Stamm tatsächlich krank macht, wird er wie ein Risiko behandelt, um den Verbraucherschutz zu gewährleisten.
Zur Prävention raten BfR und RKI zu grundlegenden lebensmittelhygienischen Maßnahmen. Dazu zählen das gründliche Erhitzen von Fleischprodukten (mindestens 70 °C für 2 Minuten im Inneren), der Verzicht auf Rohmilchprodukte, besonders bei Kleinkindern, sowie gründliches Waschen von Obst und Gemüse. Ebenso wichtig ist eine saubere Küchenpraxis. Rohe und verzehrfertige Lebensmittel sollten strikt getrennt werden, und regelmäßiges Händewaschen ist essenziell.
Quelle zum Text: https://www.bfr.bund.de/cm/343/shigatoxin-bildende-e-coli-in-lebensmitteln.pdf
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