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EHEC-Ausbruch 2025: Was bisher bekannt ist und warum die Lage ernst bleibt

Deutschland erlebt derzeit den größten EHEC-Ausbruch seit mehr als einem Jahrzehnt. Seit dem Sommer 2025 häufen sich die Infektionen mit einem seltenen Stamm des Enterohämorrhagischen Escherichia coli (EHEC). Besonders betroffen sind Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen, doch auch aus anderen Regionen und sogar aus dem Ausland werden inzwischen Fälle gemeldet. 

Vom Ostsee-Urlaub zur bundesweiten Verbreitung 

Zunächst fiel der Anstieg der Erkrankungen in Mecklenburg-Vorpommern auf, vor allem unter Urlauberinnen und Urlaubern an der Ostsee. Doch in den vergangenen Wochen verlagert sich der Schwerpunkt zunehmend nach Nordrhein-Westfalen, insbesondere in den Regierungsbezirk Düsseldorf. Einzelne Erkrankungen wurden zudem in weiteren Bundesländern sowie in Luxemburg, den Niederlanden und den USA registriert – ein Hinweis darauf, dass die Infektionsquelle überregional verbreitet sein könnte. Bis Anfang Oktober wurden insgesamt 255 Fälle gemeldet. 137 davon sind inzwischen labordiagnostisch bestätigt, darunter 93 EHEC-Infektionen und 38 Fälle des sogenannten hämolytisch-urämischen Syndroms (HUS), einer schweren Komplikation, die besonders häufig bei Kindern auftritt. Der Altersmedian der Erkrankten liegt bei nur vier Jahren, rund die Hälfte der Betroffenen sind weiblich. Eine über 90-jährige Frau, die an HUS erkrankte, gilt als erstes Todesopfer des Ausbruchs. 

Damit ist dieser EHEC-Ausbruch der größte in Deutschland seit 2011, als der Serotyp O104:H4 über kontaminierte Sprossen verbreitet wurde. Zwar verläuft die aktuelle Welle bislang weniger tödlich, doch die Zahl schwerer Krankheitsverläufe ist besorgniserregend. 

Ein seltener, gefährlicher Erreger 

Ursache der aktuellen Infektionen ist der EHEC-Serotyp O45:H2, ein in Deutschland äußerst seltener Stamm. In den letzten zehn Jahren wurden lediglich 13 Fälle registriert. Genetische Untersuchungen zeigen, dass alle derzeitigen Isolate zu einem klar definierten Cluster gehören. Sie sind also eng miteinander verwandt, was auf eine gemeinsame Quelle hindeutet. Auffällig ist allerdings, dass der Erreger etwas genetisch variabler ist als bei früheren Ausbrüchen. Das könnte bedeuten, dass die Kontamination über längere Zeiträume oder an verschiedenen Stellen der Lebensmittelkette stattgefunden hat. Der Stamm trägt mehrere gefährliche Gene, darunter stx2a (Shigatoxin), eaeA (Intimin) und ehxA (Enterohämolysin) – eine Kombination, die für schwere Krankheitsverläufe bekannt ist. 

Ermittlungen mit moderner Technik aber bislang ohne klare Quelle 

Das Robert Koch-Institut koordiniert gemeinsam mit den Landesbehörden umfangreiche epidemiologische Ermittlungen. Erkrankte und ihre Familien werden detailliert zu möglichen Infektionsquellen befragt: Welche Lebensmittel wurden gegessen, wo wurde eingekauft, welche Restaurants besucht, welche Kontakte gab es zu Tieren oder Wasserquellen? 

Zur Unterstützung werden KI-gestützte Systeme eingesetzt, die Freitextangaben analysieren und Muster in den Daten erkennen sollen. Parallel läuft eine Fall-Kontroll-Studie, um die Risikofaktoren statistisch abzusichern. 

Bisher deutet jedoch wenig auf eine Tier- oder Wasserübertragung hin. Stattdessen spricht vieles für eine Lebensmittelquelle, wahrscheinlich ein Produkt aus dem Einzelhandel. Besonders schwierig ist, dass sogenannte „Stealth Foods“, also Gewürze, Soßen oder Garnierungen beteiligt sein könnten, an die sich Erkrankte nur schwer erinnern. 

Die Quelle bleibt unklar 

Auch wenn bislang keine Hinweise auf ein einzelnes Restaurant oder einen bestimmten Betrieb vorliegen, gehen die Behörden davon aus, dass die Quelle noch aktiv ist. Eine langanhaltende oder mehrfache Kontamination in der Lebensmittelkette gilt als wahrscheinlich. 

Das RKI betont, dass die Aufklärung des Ausbruchs höchste Priorität hat. Bundes- und Landesbehörden, Lebensmittelüberwachung und Forschungseinrichtungen arbeiten eng zusammen, um den Ursprung zu identifizieren und weitere Infektionen zu verhindern. 

Was jetzt wichtig ist 

Für die Bevölkerung gilt: Hygiene beim Umgang mit Lebensmitteln ist entscheidend. Dazu gehören gründliches Händewaschen, das Durchgaren von Fleisch, das Vermeiden von Rohmilchprodukten und die Trennung von rohen und verzehrfertigen Lebensmitteln. Aktuelle Empfehlungen stellen das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und die Landesgesundheitsämter bereit. 

Labore werden zudem gebeten, bei Nachweis von stx-Genen in Stuhlproben die Proben zu sichern und an das Nationale Referenzzentrum (NRZ) zu schicken. Nur durch umfassende Typisierung können die Behörden die Ausbreitung des seltenen Erregers genau verfolgen.  

Vorsicht, Aufmerksamkeit und konsequente Küchenhygiene sind die beste Verteidigung gegen eine mögliche Infektion. Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren und es bleibt zu hoffen, dass die Quelle bald gefunden wird, bevor weitere Menschen erkranken. 

Quelle zum Text: https://www.rki.de/DE/Aktuelles/Publikationen/Epidemiologisches-Bulletin/2025/40_25.html